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Wenn Mitarbeitende Prozesse hinterfragen – ein Geschenk, kein Risiko

„Wer Fragen stellt, will verstehen – nicht stören.“



Der Moment, der vieles verändert

Neulich erzählte mir eine Praxisinhaberin von einer Szene, die ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. Eine neue Mitarbeiterin, gerade drei Wochen im Team, fragte in der Teamsitzung:
„Warum machen wir das eigentlich so?“

Stille.
Ein paar Augen rollten, jemand wechselte das Thema.
Und innerlich dachte die Inhaberin: „Weil wir das schon immer so machen.“
Ein klassischer Moment – dabei war diese Frage kein Angriff.
Es war ein Geschenk – eine Chance, etwas zu hinterfragen, das vielleicht längst niemand mehr bewusst wahrnimmt.

Zwischen Betriebsblindheit und Verbesserungspotenzial

In Praxen erlebe ich immer wieder denselben Mechanismus:
Prozesse laufen, aber niemand weiß mehr genau, warum.
Abläufe funktionieren irgendwie – aber nicht reibungslos.
Und wenn jemand fragt, wird das schnell als Kritik verstanden.

Dabei steckt genau in diesen Fragen der Schlüssel zu echter Prozessverbesserung.
Denn Mitarbeitende, die Prozesse hinterfragen, zeigen Interesse und Verantwortungsbewusstsein.
Sie wollen verstehen, wie Dinge zusammenhängen. Sie wollen mitdenken.
Und sie spüren oft schneller als Führungskräfte, wo es hakt – weil sie mitten im Geschehen stehen.

Führung bedeutet, diesen Raum zu halten

Eine starke Führungspersönlichkeit erkennt das.
Sie versteht, dass Fragen kein Zeichen von Widerstand sind – sondern von Engagement.

Damit das funktioniert, braucht es drei Dinge:

1️⃣ Transparenz:
Teile den Sinn hinter Abläufen. Wenn alle wissen, warum ein Prozess so ist, steigt das Verständnis.

2️⃣ Beteiligung:
Lass Mitarbeitende Vorschläge machen. Wer Prozesse mitgestaltet, lebt sie auch mit.

3️⃣ Kultur des Fragens:
Etabliere regelmäßige Austauschformate, in denen Kritik willkommen ist – z. B. kurze Prozess-Check-Meetings oder digitale Feedbackboards.

So entsteht eine Lernkultur statt einer Abwehrhaltung.

Prozesse leben von Beteiligung – nicht von Perfektion

Ein Prozess ist kein starres Dokument, das einmal erstellt und dann abgeheftet wird.
Er ist ein lebendiger Teil deiner Praxisorganisation.
Wenn Mitarbeitende ihre Perspektive einbringen, wird aus einer formalen Struktur ein funktionierendes System.

Gerade in der Verfahrensdokumentation nach GoBD erlebe ich das oft:
Die besten Dokumentationen entstehen dort, wo mitgedacht, hinterfragt und mitgestaltet wird.
Nicht, weil man muss – sondern weil der Mehrwert erkannt wird.

Fazit: Vertrauen ist die Basis für Verbesserung

Wenn du als Führungskraft zulässt, dass dein Team Prozesse hinterfragt, zeigst du Vertrauen.
Du öffnest den Raum für Entwicklung – und genau dort entsteht die Energie, die du brauchst, um deine Praxis zukunftsfähig zu machen.

Denn Struktur heißt nicht Kontrolle.
Struktur bedeutet, den Rahmen zu schaffen, in dem Menschen wirksam werden können.

Mein Impuls für dich

Frag dich in dieser Woche:
„Wann habe ich das letzte Mal bewusst eine Prozessfrage meines Teams als Chance gesehen?“
Vielleicht liegt genau dort der Anfang deiner nächsten Verbesserung.